Scharf schärfer am Schärfsten … manchen Gartenfreaks können die Chilis einfach nie scharf genug sein. Die Fans der feurigen Früchtchen messen ihr gärtnerisches Können in Scoville-Einheiten und tauschen Samen und Wissen auf einschlägigen Internetforen. Ich gebe es gleich vorneweg zu: meine sind nicht besonders scharf. Sie sind sogar geradezu geniessbar. Und meist entferne ich für die Küche noch die Kerne. Punkto Chilies bin ich also ein totales Weichei. Aber ich bin ja auch kein Mann. Männer haben im Garten ja bekanntlich ihre eigenen Ansichten. Bloss nicht zu bunt, bloss nicht zu blumig und romantische Rosen lieber bitte gar nicht. Was Praktisches soll es sein. Was Grosses, oder falls klein, dann aber wenigstens ordentlich scharf. Als liessen sich Frauen beeindrucken mit Chilies, die so scharf sind, dass sie einem das Wasser in die Augen treiben! Auf einschlägigen Internetseiten (die Chilifreaks haben sich auf der Plattform www.ringoffire.net zusammengeschlossen) wird empfohlen, bei der Kultur von scharfen Chilis unbedingt Handschuhe und Schutzbrille (!) zu tragen. Wenn man bedenkt, dass extrascharfe Habaneros wie der Bhut Jolokia 200 Mal so scharf wie Tabasco werden können, macht das wohl Sinn. Vor allem sollte solches Teufelszeug dann nicht einem Kind in die Hände geraten! Und falls man aus Versehen in so ein mörderisches Früchtchen gebissen haben sollte, dann hilft nur ein Schluck Milch, und Geduld.
Die Schärfe von Chilis wird in Scoville-Einheiten gemessen. Ein Pharmazeut namens Wilbur Scoville begann im Jahr 1912 in einem Geschmacksverfahren den Capsaicin-Gehalt zu definieren. Und zwar verdünnte er Extrakte der zu messenden Früchte so lange, bis die Schärfe kaum mehr spürbar war. Die Scoville-Einheiten geben an, um wie viel bei der jeweiligen Sorte verdünnt werden musste. Auf der Skala erreicht ein Jalapeno bis zu 15’000 Scoville. Tabasco schafft es auf 50’000, Cayenne reicht sogar bis 125’000 Scoville. Lange wurde der Red Savina Habanero als schärfster Chili der Welt gehandelt. Dann kam der Dorset Naga. Inzwischen ist der vom Naga Jolokia überholt worden, einem absoluten Hammerchili aus der Region von Assam, der unter idealen Bedingungen eine Million Scoville erreichen kann. Samen von solchen besonders scharfen Chilis bekommt man in der Schweiz über www.chilibaron.ch. Und wenn das alles noch nicht scharf genug ist, dann heisst es jetzt die Samen der schärfsten Schoten aussortieren, im Fachjargon selektionieren, und sie auf einem Haushaltpapier trocknen und für nächstes Jahr in einem mit Sorte und Datum beschrifteten Briefumschlag aufbewahren. Der Schärfegrad kann jedoch innerhalb von einer Sorte erheblich variieren, er hängt vom Boden, von der Kultur und vor allem von der Wärme ab. Kalte Tage im Frühling sind für scharfe Chilis ungünstig. Je sonniger der Standort, und je heisser das Klima, desto schärfer die Chilis, gilt die Faustregel. Ansonsten ist die Kultur von Chilis eigentlich kinderleicht. Meine wachsen zusammen mit den Tomaten, also an einer sonnigen Wand auf der Terrasse. Aber eigentlich mag ich Peperoni viel lieber. Von denen gibt es inzwischen auch bei uns wunderschöne Sorten in allen Farben, und mit süssem, angenehm mildem Geschmack. Meine Tochter mag diese balkonfrischen Peperoni auch sehr gerne. Und jetzt im Herbst pflanze ich noch Zierchilis in die Balkonkistchen. Sie halten monatelang und sind im Herbst mit ihren roten, gelben, orangen oder violetten Schoten eine wahre Freude für das Auge. Auch scharfe Chilis wie die bei uns weitherum im Fachhandel erhältlichen ?Fireflame? und ihre gelben Geschwister Vectura Yellow F1 eignen sich übrigens bestens als Zierpflanzen, falls sie einem für die Küche zu scharf sein sollten. Ich pflanze sie zusammen mit dunkellaubigen Heucheras, da kommt prächtige Herbststimmung auf. Essen soll die scharfen Chilis, wer sie mag, ich schaue meine lieber einfach nur an.Uebrigens: für absolute Garten-Anfänger gibt es auf pepperworld.com einen lustigen Crashkurs zum Züchten von Chilis. Und wer das mal gelernt hat, würde dann auch Tomaten und andere Balkongemüse hinkriegen, das Prinzip ist ja immer das gleiche. Insofern hat das scharfe Zeug wohl seine Berechtigung als "Einstiegsdroge" für halbstarke Möchtegerngärtner. Vielleicht kommen die ja dann auf den Geschmack, und bauen später etwas allgemein Geniessbares an.