Jeden Frühling bin ich gespannt auf die Neuheiten in den Samenkatalogen. Auch nach vielen Jahren im Garten beginnt hier doch immer wieder alles ganz frisch und von vorne, und die Spannung, was wohl aus den Samen heranwachsen wird, ist so hoch wie bei ersten Mal.
Neulich war ich bei den Aargauer Landfrauen im Fricktal zu Besuch, um einen Gartenvortrag zu halten. Ich war gut vorbereitet, ich hatte meine Bücher und meine Zettel dabei, die Seiten markiert und alles parat. Und dann musste ich lachen. Auf meinem Ablauf-Fötzel stand nämlich wortwörtlich: "1. Anfang". Und es war zweifellos meine eigene Schrift. Womit sollte ich wohl sonst anfangen als mit dem Anfang? Aus der Verlegenheit über meinen blöden Zettel heraus habe ich das Publikum dann erst mal mit einem kurzen Exkurs über Anfänge unterhalten, und der Abend ist bestens verlaufen. Derart beflügelt, habe ich mir dann auf der Heimfahrt selber gut zugeredet, dass die Idee, mit "1. Anfang" anzufangen, auf den zweiten Blick so blöd gar nicht sei. Dass es nämlich auch im Garten keine schlechte Idee wäre, einfach mal wieder mit dem Anfang anzufangen. Dazu sind Anfänge schliesslich da. Im Garten haben wir ja das Glück, dass die Frage vom Huhn und vom Ei geklärt ist. Wenn wir im Frühling vor einem Regal mit bunten Samentüten stehen, dann ist es glaub ich jedem klar, dass am Anfang die Samen waren. Die Frage ist dann nur, welche der vielen bunten Tüten wir kaufen sollen, und wie viele. Ich habe am Schluss immer viel zu viele Samen, da bei mir sowohl Platz wie Zeit doch etwas beschränkt sind, und ich natürlich nicht hunderte von Saatsschalen und Töpfchen mit heiklen Keimlingen gleichzeitig umsorgen kann.
Und so schaue ich erst einmal bei den Neuheiten. Bei Chiltern Seeds in England (chilternseeds.co.uk) sehe ich eine Feuerbohne namens ?Sunset? , die in den lachsig-orangen Farben des Sonnenuntergangs blühen soll. Ich bin ja mal gespannt, wie die sich bewährt. Ausserdem hab ich dort eine persische Kresse sowie ein Basilikum mit dem wunderschönen Namen ?Queen of Sheba? bestellt. Ich kann euch über diese Sorte noch nichts sagen; es kommt immer mal wieder vor, dass ich eine Pflanze nur deshalb bestelle, weil mir ihr Name gefällt. Ausserdem ist mir bei Chiltern eine Charantais-Melone aufgefallen, die angeblich auch bei schlechtem Wetter schöne süsse Früchte bilden soll. Wenn die Engländer eine Pflanze als schlechtwettertauglich bezeichnen, dann ist die Chance intakt, dass sie bei uns in einem halbwegs ordentlichen Sommer sogar sehr gut gedeiht.
UTL: Bewährte Neuheiten
In der Schweiz gibt es zwei Neuheiten im Select-Katalog, die ihr euch anschauen solltet. Ich habe das Glück, sie beide schon zu kennen. Es ist ja bei den meisten Neuheiten nicht so, dass sie komplett neu sind, denn von irgendwo her kommen die neuen Pflanzen jeweils, und man begegnet ihnen auf Gartenmessen, in Versuchsgärten und natürlich in ausländischen Samenkatalogen. Aber jedenfalls sind sie nun neu in der Schweiz erhältlich. Da ist erst einmal die Wilde Möhre ?Papillon? mit ihren weinroten Doldenblüten. Wunderschön für Blumensträusse! Und die Raupen der Schwalbenschwänze freuen sich über das zarte Laub. Ja und dann sind jetzt auch die italienischen Keulenzucchetti bei uns erhältlich, ein fantastisches Gemüse, von dem ich immer mal wieder aus Italien Samen mitgenommen habe. Sie sehen lustig aus, wenn sie als Kletterpflanze gezogen werden, aber vor allem schmecken sie ausgesprochen lecker. Ihr nussiges Fruchtfleisch ist feinfaserig und hat nur im vordersten Teil ein paar Kerne. Bei Select sind sie als Keulen-Kürbis ?Trombolino? im Angebot. Im Vergleich zu dieser Delikatesse können unsere normalen Zucchini grad mal einpacken. Bei Mauser sehe ich einen Kopfsalat, der beim Ernten in mundgerechte Einzelblätter zerfallen soll. Er heisst ?Salanova? und kostet 7.50 Franken für zwanzig "Pillen". Also erstens, den Preis finde ich abschreckend, und dass Samen nun "Pillen" heissen sollen, erschliesst sich mir auch nicht zwingend. Ich gehe mal davon aus, dass da noch teure Chemikalien mitgeliefert werden, danke schön einewäg. Ich werfe lieber noch einen Blick in den Katalog von Zollinger, einem unabhängigen und bewährten Schweizer Biozüchter (www.zollinger-samen.ch) . Seine Schwarze Hokkaido-Sojabohne sieht interessant aus. Sie soll die beste Sorte sein für das japanische Gericht Edamame, das Rezept gibt?s im Katalog gleich dazu.