Nachdem die sieben Weisen des Schweizerischen Bundesrats in ihrem neuen Ritual gelungener Entscheidungsfindung den Joint kreisen liessen (dem Vernehmen nach verweigerte sich nur Karin Keller-Sutter der tieferen Einsicht dank Friedenspfeife, allerdings aus rein sanitarischen Gründen), liessen sie es entschlossen krachen und verboten endgültig Kirschlorbeer und Buddleja (ja auch noch in einer seltenen Anwandlung von Entscheidungsfreude die Blauglocke).
Dabei hatten sie schon bisher in dieser Sache geglänzt, wie in kaum einem anderen wichtigen politischen Dossier: Schon bisher durfte man Kirschlorbeer und Buddleja nur mit einer gelben Pflanzenbinde rund um den Topf verkaufen, die in einmaliger Weise historische Vorbilder aufnimmt und warnt, dass die für alle kenntlich gemachte UN-Pflanze andere Pflanzen und den Menschen gefährde. Seit Jahren werden denn auch konsequenterweise Kirschlorbeer und andere invasive Parasiten und Neophyten (alles nur Ausländer, kein Einheimischer dabei) landauf landab rund um den längsten Tag gesammelt und… verbrannt. Es ist doch immer wieder eine wahre Freude, wenn alte und uralte Bräuche revitalisiert werden und einen neuen Sinn gewinnen.
Ich wagte es ja schon kaum mehr zu hoffen, dass diese voll und ganz unschweizerische offene Drogenszene rund um Buddleja und Kirschlorbeer endgültig aufgelöst wird. Millionen von Süchtigen, ja süchtig gemachten Insekten und Schmetterling (notabene alles Einheimische!) taumeln trunken und bekifft rund um die magischen Sträucher, ja unterdessen soll es auch die ersten menschlichen Buddleja Junkies geben. Da wird geschnüffelt, getrunken und geraucht, was das Zeug hält. Der Psychiater Otto F. Taumelung berichtete kürzlich an einer Pressekonferenz der Zürcher Drogenberatungsstelle (an der übrigens auch allüberall das neue legale Marihuana geraucht wurde), dass Süchtige davon berichten würden, sie hätten Schmetterlinge im Bauch und könnten nun fliegen. Dies wiederum könnte laut Taumelung zu unschönen Szenen in der Grossstadt oder gar auf dem Flughafen führen. Immerhin stünde ja mit der anstehenden und schrittweise vollzogenen Legalisierung von Cannabis eine milde und demokratiekonforme Ersatzdroge bereit, die Menschen ruhig stelle und vernünftig mache – ganz anders als Schmetterlinge im Bauch.
Der Politologe Damian B. Nebelschütz von der Universität Darmstadt weist auf einen anderen Aspekt der Entscheidung hin: „Die Schweiz ist ja bekannt für ihre Fortschrittlichkeit in der modernen technokratischen direkten Demokratie (TDD), die letztlich dank eines dichten Netzes von verwaltungstechnisch sauber ausgearbeiteten Verordnungen nicht in Anarchie ausartet. Wer hat's erfunden? Natürlich die Schweizer.“ Da musste natürlich der Schweizer Bundesrat handeln - so Nebelschütz weiter - um seine Führungsposition zu behalten. Denn nachdem Nordrhein-Westfahlen den Schottergarten verboten habe, sehe die Schweiz ja plötzlich ganz alt aus. Und in Nordrhein-Westfahlen werde in rheinischer Frohnatur schnell weitergedacht: Aktuell seien Maisfelder und Fussballfelder im Fokus für neue Verbotsansätze, da sie ja nur unschwer von Steingärten zu unterscheiden seien und überdies viel mehr Raum einnähmen. Verwaltungstechnisch werde übrigens intern geprüft, ob man nicht auch moderne Kunstwerke im öffentlichen Raum zu Steingärten erklären und entsorgen könnte.
Da fragt man sich doch unwillkürlich, wie das vom Schweizer Bundesrat getoppt werden soll? Hier ruht man sich allerdings nicht auf den Kirsch-Lorbeeren aus. Die Sprecherin des Bundesamtes für Umwelt, Pippilotti Tunichtgut, lässt sich nur wenig zu den neuen Projekten entlocken, die aber weiterhin ganz im Rahmen der neuen Regierungsphilosophie der TDD stehen würden. Schlussendlich und nur widerstrebend lässt sie sich aber doch einen richtungsweisenden Satz entlocken: „Das Problem sind ja eigentlich nicht die Pflanzen, sondern die Gärtner.“
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