“Wann ist die Stachelbeere reif?” fragen die Kunden. “Zu früh … und zu schnell”, antwortet Markus. Ja, die Stachelbeere ist so schnell reif, dass man häufig zu spät kommt. Wahrscheinlich erntet man sie deshalb häufig zu früh. In unserem Gartenshop können Sie ertragreiche Stachelbeeren kaufen und im eigenen Garten anbauen.
In seinem Standardwerk zur Stachelbeere von 1913 begründet Maurer die über Jahrzehnte andauernde Entstehungszeit seines Buchs damit, dass doch immer wieder Ernten wegen der überraschend schnell fortschreitenden Reife im Frühsommer, bei hohen Temperaturen, verpasst wurden: "Der letzte Punkt, der die Beendigung der Arbeit verzögerte, lag insofern im Objekt selbst, als die Reifezeit der Früchte oft durch hohe Wärmegrade sehr rasch und plötzlich vorüberging." Als ich das las, war ich ziemlich befriedigt: Mir ging es nämlich in den letzten 20 Jahren ganz häufig ebenso, und einige Züchtungs- und Versuchsjahre konnte ich nur unvollständig auswerten, weil die Frucht eben noch unreif, und in der nächsten Woche dann schon überreif war. Hinzu kommen heute sicherlich die intensivere Sonneneinstrahlung und die in vielen Regionen doch spürbar höheren Sommertemperaturen. Ich bin heute so weit, dass ich für die Stachelbeere einen halbschattigen Standort empfehle, weil Meldungen über Sonnenbrand an Stachelbeerfrüchten heute schon zu den häufigsten Schadensmeldungen im Frühsommer gehören. Man kann da durchaus auch wieder von den Engländern lernen: Ihre Regenschirme, die sie über die Wettbewerbspflanzen spannen, um die in England jederzeit möglichen Regengüsse abzuhalten, sind nämlich gleichzeitig auch Sonnenschirme. Vielleicht sollten wir doch unsere Vorurteile überprüfen und in Tat und Wahrheit sind die Engländer und ihre Regenschirme viel moderner als wir es eben noch meinten …
Eine "zu frühe" Reife wäre aber ja eigentlich kein Nachteil, sondern ein Vorteil. Bis zur Einführung der essbaren blauen Honigbeeren, der Erstbeeren und Maibeeren vor einigen Jahren, waren die Stachelbeeren die ersten Strauchbeeren der Saison.
Die zu schnelle Reife stellt das eigentliche Problem dar, das aber im 19. Jahrhundert und teilweise bis heute dadurch gelöst wird, dass Stachelbeeren systematisch zu früh geerntet werden. Dafür gibt es auch gute Gründe: Unreife Stachelbeeren haben einen viel höheren Pektingehalt als reife, und können so wunderbar als Gelierzusatz zu anderen Fruchtmarmeladen (Erdbeeren, Himbeeren) genutzt werden und auch die früher beliebten Einmachstachelbeeren gelingen unreif geerntet besser als mit vollreifen Früchten. Ebenso ist die Gefahr des Aufplatzens der Früchte nach einem Sommerregen damit weitgehend gebannt.
Nur eines spricht definitiv gegen die zu frühe Ernte: In den vollen Genuss einer Stachelbeerfrucht kommt nur, wer sie vollreif erntet und isst. Und um es – selbstverständlich auch für meine eigenen Familienmitglieder – ganz klar auszudrücken: Stachelbeeren werden GANZ in den Mund genommen, dann wird hemmungslos zugebissen, die Frucht explodiert, die Schleimhäute spüren Saftigkeit, Süsse und erfrischende Säure, alles zusammen, letztere fruchtig akzentuiert beim Zerkauen der Schale und des randständigen Fruchtfleischs. Dann folgt die Wahrnehmung des vollen Aromas, von Himbeere bis Vanille (bei überreifen Früchten manchmal leider auch Seife), das schon seit Urzeiten die verwandten Johannisbeercousins vor Scham klein bleiben und rot anlaufen lässt. Sind Sie auf den Geschmack gekommen? ;-) – im Lubera Shop können Sie Stachelbeerpflanzen kaufen und selber auch saftige, aromatische Stachelbeeren pflanzen.